Nach der so krass Konsum-intensiven Weihnachtszeit denke ich im Zusammenhang mit der Vulvaabrand gerade viel über den Kapitalismus und seine Auswirkungen nach. Mich strengt das Geschäfte-Machen um jeden Preis, das Geld maximieren überall an, weil es immer Ausbeutung und Ungleichheit bedeutet. Ich frage mich, ob Kapitalismus überhaupt Hand in Hand mit Feminismus funktionieren kann. Immer wieder bin ich damit konfrontiert worden, dass es doch nicht zusammenpasse, dass ich mit einem feministischen Produkt wie der Vulvaa “Geld mache”. Diese Meinungen haben mich getroffen, aber auch zum Nachdenken angeregt. Ich sage es euch ganz ehrlich: Mir ging es von Anfang an nicht um das Geld. Mein größtes Anliegen war immer das, was dahinter steht, ein Movement, die Message und das Empowerment. Doch war ich auch einfach unglücklich in meinen normalen 9 to 5 Jobs. Als Vulvaa dann immer weiter gewachsen ist und klar war, dass ich mit dieser wunderbaren Sache auch irgendwann einmal meinen Lebensunterhalt verdienen könnte und darüber hinaus vielleicht auch noch Jobs kreieren würde, die auf Vertrauen, auf Gleichberechtigung und auf Wertschätzung basieren, da schien mir alles gut zusammenzupassen und für uns alle Glück zu bringen.
Dadurch, dass sich Dinge nur langsam verändern, bedeutet es, dass wir in diesem Moment nun mal alle Teil des kapitalistischen Systems sind, wir brauchen Geld um zu überleben.
Meine Überlegung ist: Es gilt, dem auf Ausbeutung angelegten Kapitalismus ein Schnippchen zu schlagen. Wir kommen nicht daran vorbei, um wirklich auf eine bessere Welt hinzuarbeiten, dass wir bewusster mit unserem individuellen Konsum werden. Dass wir uns wichtige Fragen stellen, bevor wir kaufen. Und dass wir wirklich nach unseren Normen und Werten handeln und nicht danach, wieviel der Botenstoff Dopamin im Hirn freigesetzt wird durch den Kauf. Fragen sind beispielsweise: Woher kommt das Produkt? Wo wird es eigentlich produziert? Welche Werte vertritt das Unternehmen? Kann es das Produkt auch gebraucht geben? Warum haben wir eigentlich dieses Gefühl, ein Produkt unbedingt zu brauchen? Wie ist unsere momentane Gefühlslage: Ist uns langweilig, fühlen wir uns vielleicht gerade nicht so gut? Kann es ein Coping-Kauf sein? Und dann gibt es ja noch diesen (Schönheits-)Wahn, der uns suggeriert, dass wir nie gut genug sind, so wie wir erschaffen wurden. Dass es aber immer das passende Produkt gibt, das hilft, uns besser zu fühlen.
Ich glaube, mittlerweile wissen wir schon ein bisschen mehr, dass das eine ganz mies eingefädelter patriarchischer Plan war, uns Frauen beschäftigt zu halten, damit wir unsere wunderbare Energie, unsere Gestaltungskraft, unsere Liebe und Veränderungsbereitschaft nicht voll und ganz in die Welt bringen.
Die Strategie: Eine Sache, beispielsweise die Angst vorm Altern und den damit verbundenen angeblichen Verlust der Schönheit, wird so oft wiederholt und wir werden damit auf allen Kanälen derart zugeballert, dass wir dieser gemachten Idee mehr glauben schenken, als uns selbst. Was wäre das aber für eine schöne Welt, in der wir uns gegenseitig sagen, wie toll wir sind und dass wir alles sein dürfen und werden können, was wir wollen. Eine Welt in der wir uns selbst lieben und akzeptieren und eventuell dadurch merken, dass wir überraschend wenig brauchen.
Es geht nicht darum, nicht mehr konsumieren zu dürfen und ein Aussteigerleben führen zu müssen - aber darum, ab jetzt genauer hinzuschauen. Auch Vulvaa ist da nicht perfekt. Durch das Gefühl ständig unter Zeitdruck zu sein (a live without structure :D) und auch die Produkte so preisgünstig wie möglich anbieten zu können, bin auch ich durchaus ein Opfer von Amazon. Mit der tieferen Auseinandersetzung geht das einfach nicht mehr mit meinen Werten einher und dies ist ein Versprechen, meinen Schweinehund zu überwinden und die nötigen Materialien auf anderem Wege zu besorgen. Ich habe richtig Lust darauf, Vulvaa zu der Marke zu machen, hinter der ich auch selbst voll und ganz stehen kann. Und da passt leider kein Amazon dazu….
Und zum Schluss noch eine kleine Morning - Anti Capitalsim - Übung für Euch, für uns alle: Morgens beim Zähne putzen. Schau dich an, schau Dir tief in die Augen. Nimm dich bewusst wahr. Lächele dich einfach mal an (am Anfang wird es erstmal komisch sein, aber mach weiter…) Und dann sag was bestärkendes zu dir. (Falls du das mit Zahnbürste schaffst, sonst denk es dir 😊) Beispielsweise: “Ey, guten Morgen du bester Mensch. Du bist so ein unfassbares besonderes, einzigartiges Wesen, niemand ist so wie du und das ist gut so. Loooove you!”
Eure Sophie